Wadlstrümpf' für Allgäuer Waden

Ich soll (nein, ich darf) für Allgäuer Männerwaden neue Wadlstrümpf' stricken. Was liegt näher, als Wolle aus dem Allgäu besorgen, aus Wiggensbach in der Nähe von Kempten?

Also fahre ich dorthin. Sicherheitshalber mit eingeschaltetem Navi, denn der Wollladen - richtig: schreibt man mit drei "l" in der Mitte - liegt etwas versteckt in Emmenried 5.

Etwas versteckt??? Da mich mein Navi rechts herum leitet, vorbei an und über ein Firmengelände bin ich zwischendurch recht verunsichert, ob ich mich noch auf dem rechten Weg befinde. Mein Weg führt sogar über einen Firmenparkplatz und tatsächlich ... die kleine Straße zu meinem Wollladen geht auf der anderen Seite des Parkplatzes weiter. Es gibt noch einen anderen Weg ins Wollparadies: links herum - da hat Conny, die Inhaberin, sogar ein paar Schilder aufgestellt.

Doch dann bin ich da. Es geht hinaus in den zweiten Stock eines großen Hauses. Schon im Flur überall Früchte des kleinen Wollladens - gestrickte Mützen, gehäkelte Taschen ... und Wolle.

Dann geht es rechts durch die Tür ... und oh und ah - ein wahres Wollparadies öffnet sich! Wolle an allen Wänden, Wolle in allen Farben und Schattierungen und Wolle in allen Fadenstärken ... alles da, was ein Strickerinnenherz begehrt. Und nicht nur Wolle - Zubehör wie Perlen, bunte Bänder, Nähzutaten, Stricknadeln, Schneiderscheren ... wer hier mit leeren Händen rausgeht, hat entweder zu viel Phantasie oder gar keine ...

Und damit die Phantasie in die richtigen Bahnen kommt, verfügt der kleine Laden über ein ganzes Regal voller Strick- und Häkelbücher ... und jetzt auch über drei weitere Bücher von mir, denn die habe ich zum Einstand mitgebracht.

Eine Kundin, mit Connys Tochter im Gespräch, verlässt den Laden. Ich bekomme eine Kaffee serviert. Am großen Holztisch inmitten des Wolleparadieses nehmen wir Platz und besprechen, was der Allgäuer Mann so an der Wade tragen könnte ... Die Tochter ist überzeugt: es muss möglichst "normal" sein. Aber, was ist "normal"? Grau und grün. Basta. Vielleicht ein Edelweiß? Eingestrickt oder gestickt? Zu viel, meint die Tochter.

Schließlich entscheiden wir uns gemeinsam für ein dunkleres Grau (nicht meliert, so wie es die Männer in den Trachtenvereinen tragen würden) und ein helles Grün. Und falls wir den Allgäuer doch ein wenig auf Mode trimmen können, nehme ich noch ein Knäuel Sockenwolle dazu, die von Dunkellila bis in ein Mittelbraun changiert. Das wird ein paar modische Akzente setzen.

Während wir Wolle aussuchen, über Allgäuer Männer lachen und Kaffee trinken, erzählen wir von unseren Mallorca-Urlauben und kommen vom Hundertsten ins Tausendste. Eine angenehme Atmosphäre.

Das schätzen auch die Kundinnen von Conny, die längst den Weg hierher gefunden haben. Sie kommen nicht nur, um Wolle zu kaufen, sondern auch, um sich auszutauschen, einen Kaffee zu trinken, an der wöchentlichen Handarbeitsstunde teilzunehmen oder ein Workshop zu besuchen.

Ich komme auch wieder ... denn nicht nur die Allgäuer Männerwade will bestrickt sein. Der Mann soll auch eine Weste bekommen. Und diese Wolle muss erst nachbestellt werden.

Ich komme wieder, gewiss. Aber erst nach meinem Urlaub ... den ich gemeinsam mit Connys Wolle auf dem Schoß, meinen Stricknadeln in der Hand, eine Allgäuer Wade im Kopf wieder einmal auf Mallorca verbringen werde ...